Historie

Anfang 1978 kam die erste CX 500 in Deutschland in den Verkauf: Honda präsentierte ein Modell, das als “Durchbruch zu einem neuen Fahrwert” gepriesen wurde.

cx500-1979Die Honda CX 500 polarisierte sofort – nein, eigentlich schlug ihr zunächst sogar viel Ablehnung entgegen.  Das Design mit der seltsam wirkenden nach hinten abfallenden Linie und dem Knick stieß ebenso auf Kopfschütteln wie die etwas pummelig geratene Gesamterscheinung, vor allem mit dem seltsamen Plastik-Kühlergehäuse, das sich wie ein offener Trichter in den Fahrtwind reckte. Die Blechsterne in den Felgen hatten aber so gar nichts filigranes und die verdrehten Zylinderköpfe sahen so aus, als sei der Monteur nicht mehr ganz nüchtern gewesen ….  und der Instrumententräger wirkte wie eine geöffnete Konservendose!

Überhaupt: Ein fortschrittliches Motorrad sollte in diesen Zeiten doch wohl vier Zylinder und möglichst zwei oben liegende Nockenwellen haben ?!? Die Motorjournalisten waren bei der Pressevorstellung Ende 1977 erstmal geschockt bis enttäuscht – und gute 500er hatte die Welt ohnehin schon, z.B. die CB 500 Four!

Aber die inneren Werte und nicht zuletzt die Fahrleistungen überzeugten dann auch die Skeptiker – und bei den Kunden kam die CX 500 auch gut an: ca. 2600 Stück wurden im ersten Jahr nach Deutschland importiert und bis zur Einstellung 1985 waren es insgesamt ca. 20300 Exemplare. Von den anderen CX-Derivaten verkaufte sich die CX 500 C auch sehr gut, und insgesamt gab es in Deutschland ca. 44000 Stück der CX/GL 500/650 -Baureihe mit dem merkwürdigen 80-Grad-V-Motor.

 Technik der CX 500

Näher betrachtet, hatte die CX viel zu bieten und brach mit einigen Konventionen im Motorradbau ihrer Zeit:

  •  Wasserkühlung, daher thermisch gesund, langlebig und hervorragend geräuschgedämmt. Nach der Suzuki GT 750 “Wasserbüffel” (1971) und der Honda GL 1000 Goldwing (1975) war die CX 500 die Maschine, die der Flüssigkeitskühlung zum Durchbruch im Motorradmarkt verhalf;
  • kontaktlose vollelektronische Zündung – ohne Unterbrecherkontakte, verschleiß- und wartungsfrei;
  • Vierventil-Zylinderköpfe für einen gut geformten Brennraum (“pentroof”) mit mittig angeordneter Zündkerze, dies ermöglicht eine gleichmäßige Verbrennung und daher die Verwendung von Normalbenzin trotz hoher Verdichtung von 10:1 ;
  • die hoch im Zylinder-V liegende Nockenwelle ermöglicht sehr kurze Stößelstangen, was den Motor drehfest macht – bis knapp über 10.000 min-1 selbst im Dauerbetrieb! OHC-Motoren, die Honda und andere Hersteller zu der Zeit ja schon längst im Programm hatten, waren das zwar auch, erkauften dies aber mit einer deutlich größeren Bauhöhe. Der CX-Motor war dagegen kompakt… ;
  • erstes Großsereinmotorrad mit schlauchlosen Reifen, die durch die luftdichten “ComStar”-Felgen möglich wurden.  Die CX bekam Aluminium-Felgen mit Alu-Nabe sowie Stahlblech-Stern statt Drahtspeichen.  Für Voll-Gussräder entschied sich Honda erst bei Einführung der GL 650 und der CX 650 C, sowie natürlich bei anderen Modellen ab Mitte der 80er Jahre.  Also weit nach anderen Herstellern, vermutlich war es eine Kostenfrage … ;
  • Die Literleistung von knapp über 100PS je Liter Hubraum war 1978 ein Bestwert bei einem Serienmotorrad ;
  • Motorgehäuse vollständig aus Leichtmetall, mit eingegossenen Grauguss-Laufbuchsen;
  • die gegenläufig drehende Kupplung eliminiert die Kippneigung beim Beschleunigen, wie sie von anderen Querläufern, vor allem BMW und MotoGuzzi bekannt ist;
  • das Getriebe konnte unterhalb der Kurbelwelle platziert werden, weil der Motor vergleichsweise wenig Bauhöhe benötigt (u.a. aufgrund der OHV-Bauweise);
  • Kardanantrieb statt Kettensatz – weitestgehend wartungsfrei;
  • Doppelscheibenbremse im Vorderrad (wenn auch nur in Europa);

Mit diesen Features war die HONDA CX 500 seinerzeit sehr eigenständig und erfolgreich. Noch viele Jahre nach Produktionsende waren viele Maschinen zugelassen und ein großer Teil wurde auch benutzt. Besonders bei Tourenfahrern und solchen, die ihr Fahrzeug im Alltag, z.B. zur Fahrt zur Arbeit benutzten, war die CX beliebt.
Zum “Posing” und für die Rennstrecke war sie sowieso nicht das richtige Gerät.

Der Name “Güllepumpe”

Der Comiczeichner “Brösel” machte die öffentliche Reputation der Maschine allerdings mit seinem kurzen Strip “Werner hilft Horst aus der Scheiße” völlig nieder: Der CX-Fahrer wird darin als spießbürgerlicher Sonntagsfahrer, als Gegenpol zum zeitgeist-gemäßen, Chopper-fahrenden Anarcho-Biker “Werner” dargestellt. RATZ-FATZ wird die CX 500 zu einer “Güllepumpe” umfunktioniert – und der Name blieb im Gedächtnis wie “Flasch’Bier” und “Hau Wech Die Scheiße!”  (in: Werner – Eiskalt! (1985) ISBN 3-89719-004-4 Semmel-Verlach,Kiel). Kein Wunder also, dass die Geschichte der Honda CX 500 Ende der 1980er Jahre so ziemlich zu Ende ging ….

Aber zuvor wurde das Konzept dieser Maschine noch fortentwickelt:

Kleine Verbesserungen

Zunächst wurde sowohl die Optik als auch die Technik leicht überarbeitet. Technische Probleme gab es mit den allerersten Steuerketten-Spannern, die zu schwach ausgelegt waren. Honda ließ in einer Rückrufaktion die Spanner durch eine etwas verstärkte Ausführung austauschen. Dennoch blieb der Steuerkettenspanner eine Schwachstelle der CX, vor allem bei den hohen Laufleistungen, die man ja bei einem Mittelklasse-Motorrad bisher so nicht gekannt hatte. 
Für die Optik gab es dann eine schlankere Kühlerverkleidung mit Alu-Blenden statt des Plaste-Trichters, die Blechsterne der ComStar-Felgen wurden auf links gedreht und schwarz-silber lackiert und die Lampenmaske mit dem Instrumententräger bekam eine gefällige Cockpitscheibe, die der Linie gut tat.  Die etwas pummelige Gesamterscheinung von Tank und Sitzbank und den seltsamen Knick konnte das natürlich nicht beschönigen…. 

Softchopper “Custom”

Der Zeitgeist – und natürlich die Kundschaft – wollte Chopper. Der Kult-Film “Easy Rider” von 1969, Steppenwolfs “Born to be Wild” und der Hype um Harley-Davidson hatte mit etwas Verzögerung seine Wirkung auch in Europa entfaltet. Natürlich wollte aber kaum einer wirklich Hand an seine Maschine legen – “to chop” bedeutet ja wörtlich abhacken!
Statt dessen kauften die Kunden alles, was einen Tropfentank, eine Stufensitzbank, fettes Hinterrad und einen Hochlenker hatte.  Alle großen Motorradhersteller hatten damals solche “Softchopper” im Verkaufsprogramm.  Honda bediente die Kundenwünsche von der VF 750 Custom “Magna” und der CB 750 Custom bis hinunter zur CM 125 T und natürlich hatten auch die anderen Japaner Kawasaki, Suzuki und Yamaha entsprechendes im Angebot.
Folgerichtig erschien dann die CX 500 Custom mit den entsprechenden Designelementen:  Der Rahmen wurde minimal angepasst, um die geänderten Tank- und Sitzbank-Halterungen aufzunehmen, blieb aber im der Grundaufbau identisch. In die unveränderte Hinterrad-Schwinge kam eine kleinere Felge, die den breitesten Reifen erhielt, der noch zwischen die Schwingenarme passte ( 4.00×16″). Durch den etwas geringeren Reifendurchmesser hinter ergab sich eine minimal geänderte Lenkkopf-Neigung, obwohl der Lenkkopfwinkel zum Rahmen nicht verändert ist. Geänderte Fußrasten (10 cm weiter vorn und etwas tiefer) brachten in Verbindung mit dem Hochlenker die gewünschte “Easy-Rider”-Optik: scheinbar lässig nach hinten gelehnt.  Natürlich konnte auch die viel kritisierte Lampenmaske nicht bleiben, statt dessen kam ein einzelner Rundscheinwerfer mit frei gestellten Instrumenten zum Zug. Hinten wurde ein klassisches Chrom-Schutzblech mit einem aufgesetzten Rücklicht montiert. (Aufgrund seiner Form wird das allerdings meistens als “Brikett” beschimpft.)
Echte “Chopper”-Fans rümpften zwar die Nase, ein Verkaufserfolg wurde die CX 500 C aber auf jeden Fall. Nur “Custom” durfte sie nicht heißen.